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Textilien im Mittelalter

Textil = flexibles Material aus einem Verbund von Fasern (Wikipedia)

textur, f. aus lat. textura (das weben, gewebe, die zusammenfügung, verbindung)(Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm)

grau sind alle außerdeutschen Funde. Reihenfolge: Fundort, Datierung.

Gewebearten

Leinwandbindung

Leinwandbindung Leinwände sind bindungsgleich, d. h. sie zeigen gleich viele Ketthebungen wie -senkungen (L 1/1)
bei Wollgewebe wurde es auch "Tuch" genannnt, bei Seide "Taft", bei Baumwolle "Kattun", bei Nessel "Nesseltuch", sind Kettfäden aus Lein und Schussfäden aus Wolle oder Baumwolle, heißt es "Barchent". [1]
hohe Scheuer- und Schiebefestigkeit, schlechte Faltenbildung.
Panama Varianten:
- Quer- oder Kettrips
- Längs- oder Schussrips
- Panamabindung (s. Bild unten)
Leinwandbindung war bis ins 11. Jh. vorherrschend. [2]

Qualitäten:
1. Qualität: lange, gekämmte Fasern in der Kette, kurze, gekardete Fasern im Schuss; Kette: z-gesponnen, Schuss: s-gesponnen [1]
2. Qualität (Tuche): Kette und Schuss aus gekardeten Fasern mit z/z oder s/s (nur für feine Wolle: Merino etc.)[1]
3. Qualität (Zeuge): gekämmte Wolle in Kette und Schuss [1] Fadendichte nach Rast-Eicher [1]:
grob: 6 Kettfäden, 7 Schussfäden auf 1 cm
mittel: 10-20 Kett- bzw. Schussfäden auf 1 cm
fein: 30 Kett- bzw. Schussfäden auf 1 cm
Anmerkung: Zeugmacher tauchen in deutschen Städten erst Ende des 16. Jh. auf (Hamburg, Braunschweig), vorher: Import aus England [1]
Garndicke nach Rast-Eicher [1]:
grob: 1-1,5 mm
fein: 0,1 mm

Funde:
ältester Fund: Ufersiedlung am Alpenrand, Jungsteinzeit [1]
- Wadenbinden der Arnegunde F, vor 580/90 (Wolle)[2]
- Untergewand der Arnegunde F, vor 580/90 (Wolle)[2]
- Hemden des Grafen Raimund von Toulouse F, vor 978 (Leinen)[2]
- Hemd des hl. Remaclus BE, vor 11. Jh. (Leinen)[2]
- Viborg-Hemd DK, um 1050 (Leinen)[2]
- Unterkleid der Infantin Maria ES, vor 1235 (Baumwolle)[2]
- Albe aus dem Bayerischen Museum, Anf. 14. Jh. (Leinen)[2]
- Bruche des nubischen Bischofs Timotheos, 14. Jh. (Baumwolle)[2]
- Kinderunterkleid aus Rauma FI, 2/2 15. Jh. (Leinen)[2]
- Ärmelfragment eines Untergewandes aus Rauma FI, 2/2 15. Jh. (Leinen)[2]
- Haar-Hemd des hl. Erik (Wolle)[2]
- Seidengewand aus Lauchheim, um 500 (Seide)[2]
- Tunika der Äbtissin Bertille F, um oder vor 704 (Seide)[2]
- Tunika von Bernuthsfeld, M. 7.-E. 9. Jh. (Wolle)[2]
- Wadenbinden aus Bernuthsfeld, 8. Jh. (Wolle)[2]
- Trägerrock aus Haithabu, 10. Jh. (Wolle)[2]
- Wadenbinden Nr. 29 aus Haithabu, 10. Jh. (Wolle)[2]
- Tunika der Moorleiche von Peiting, 1110+/-80 (Wolle)[2]
- Hose der Infantin Maria ES, vor 1235 (Leinen)[2]
- Beinlinge aus Lübeck, 13.-15. Jh. (Wolle)[2]
- Beinlinge aus London GB, 14. Jh. [2]
- Fragment aus London GB, 2/4 14. Jh. (Wolle)[2]
- Kleid der Jungfrau Maria, Trier, vor 1513 (Leinen, Seide)[2]
- Fragmente aus Kempten, Mühlberg-Ensemble, spMA (Leinen, Hanf?, Leinen/Wolle, Wolle, Seide)[1]
- Fragment aus der Burg Zug CH, Anf 16. Jh. (Baumwolle)[1]

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Köper

Koeper K2/1
Koeper
Varianten:
Fischgrat, Rauten, Spitzgrat K 3/1, Spitzkaro K 3/3, Kreuzköper K 3/1, Diamantköper
flexibler als Leinwandbinndung
K 2/1 dominiert im 12/13. Jh. bei der Verarbeitung von Wolle [2]
K 2/2 ist neben der Tuchbindung die häufigste Bindungsart, bekannt seit der Bronzezeit [2]
Fischgratköper: ältester Fund: Feddersen Wierde, um Christi Geburt [2]
Rautenköper: frühes Beispiel Hose von Thorsberg, um 175 n. Chr. [2]
Funde:
K 2/1 (ein Schuss geht unter zwei Ketten und dann über eine Kette, dreibindig oder dreischäftig):
- Leinenunterkleid aus Rauma FI, 2/2 15. Jh. (Leinen) [2]
- Kragelund-Tunika DK, 1045-1155 (Wolle) [2]
- Moselund-Tunika DK, 1050-1155 [2]
- Kutte des hl. Franziskus aus Sacro Convento IT, A. 13. Jh. (Wolle) [2]
- Kutte des hl. Antonius, A. 13. Jh. (Leinen/Wolle) [2]
- Tunika von Söderköping S, vor 1242 (Wolle) [2]
- Tunika aus dem Bocksten-Moor S, 14. Jh. (Wolle) [2]
- Stepprock mit Zaddelsaum aus Stendal, sp. 15. Jh/fr. 16. Jh. (Leinen) [2]
- Fragment aus Kempten, Mühlberg-Ensemble, spMA (Leinen, Seide/Wolle, Lein/Baumwolle, Wolle) [1]
- Fragment aus Freiburg, Latrine Augustiner-Eremitenkloster, 1278-1589 (Leinen, Hanf) [1]
- Lüneburg, Kloake, 16./17. Jh. (Seide/Wolle) [1]
- Männerhose aus Alpirsbach, 1/3 16. Jh. (Leinen) [2]
K 2/2: (vierbindig oder vierschäftig)
- Hemd von Skjoldehamn NO, 995-1029 (Wolle) [2]
- Hose aus Skjoldehamn NO, 995-1029 (Wolle) [2]
- Hemd aus der Guddal-Kirke NO, spMa (Wolle) [2]
- Ärmel aus Haithabu, 10. Jh. (Wolle) [2]
- Tunika aus Skjoldehamn NO, 995-1029 (Wolle) [2]
- Rønbjerg-Tunika DK, E. 13. Jh. (Wolle) [2]
- Mantel der hl. Brigitta IT, um 1320-30 (Wolle) [2]
- Herjolfsnes DK Nr. 59, 1300-1370 (Wolle) [2]
- Herjolfsnes DK Nr. 33-38, 40-45, 52, 54, 57a-57b, 60-62, 64, spMA (Wolle) [2]
- Beinlinge aus Herjolfsnes DK Nr. 88, 89, 91, 93 (Wolle) [2]
- Kleid der hl. Klara IT, 1/3 13. Jh. (Wolle) [2]
- Kempten, Mühlberg-Ensemble, spMA (Baumwolle?, Wolle) [1]
K 3/1:
- Fragmente aus Kempten, Mühlberg-Ensemble, spMA (Leinen, Lein/Baumwolle) [1]
- Fragment aus Lübeck, Fronerei, 16. Jh (Leinen) [1]
- Fragment aus Bad Windsheim, Hl.-Geist-Spital, um 1500 (Leinen) [1]
- Fragment aus Augsburg, Fuggerei, 1461 (Lein/Baumwolle) [1]
K 3/3:
- Fragment aus Kempten, Mühlberg-Ensemble (Leinen), spMA [1]
- Fragment aus Schaffhausen CH (Leinen) [1]
- Fragment aus der Burg Zug CH, 15.-17. Jh. (Leinen) [1]
- Fragment aus Einbeck, Kloake, sp. 13./fr. 14. Jh. (Leinen) [1]

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Atlas/Satin

Atlas Varianten:
A 1/4,
sehr loses Gewebe, wenig Stabilität, weicher Fall
früheste Stücke aus 11./12. Jh. aus Persien [2]
11./12. Jh. hauptsächlich für Seide angewendet
15. Jh. auch für Wolle [2]
Funde:
- Männerrock aus Bern CH, sp. 15. Jh. (Seide) [2]
- Fragment aus Kempten, Mühlberg-Ensemble, 15.-17. Jh. (Wolle, Seide) [1]

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Samt

Samt Komplexgewebe: Stoff mit Faserflor aus einer weiteren Kette, die um einen Stab gelegt Schlaufen bildet. Die Schlaufen können so belassen oder aufgeschnitten sein. [2] Erfunden möglicher Weise im 13. Jh. in Italien, Mitte 14. Jh. in Schweden nachweisbar, Höhepunkt 15./16. Jh.
florales Muster M. 15. Jh. [2]
[2]
Funde:
- Schecke Prinz Edwards (Schwarzer Prinz) GB, vor 1376 (Seide/Leinen) [2]
- Kinderkleid aus Valladolid ES, M. 15. Jh. (Seide) [2]
- Fragment aus Kempten, Mühlberg-Ensemble, spMA (Seide) [1]

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Damast

Damast Damast wurde zuerst in China produziert. Sein Gebrauch verbreitete sich über Indien, Persien und Syrien auf der Seidenstraße bis nach Europa hinein. Während des 12. Jhs wurde der in Damaskus produzierte Stoff so populär, dass der Stoff den Stadtnamen übernahm.
Damast ist ein Gewebe aus Seide, Kammgarn oder Leinen, bei dem sich kett- und schusssichtige Partien abwechseln und dadurch figürliche Muster aller Art eingewoben werden können.
Es benötigt ein Kettsystem, aber mehrere Anhebungssysteme für die Schussfäden.
Funde:
- Fragment aus Kempten, Mühlberg-Ensemble, spMA (Seide) [1]

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Samit

Samit Komplexgewebe: mehrere Schüsse überdecken die Hauptkette, werden aber von einer Bindekette gehalten. Daraus entsteht ein schwerer, glatter Stoff. [2]
Verwendung: hauptsächlich 5.-14. Jh. [2]
Funde:
- Aljuba (Tunika) des Fernando de la Cerda ES, vor 1275 (Seide) [2]
- Fragment aus Bamberg, Sepultur des Domkapitels, spMA [2]

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Lampas

Lampas Komplexgewebe mit Leinwandbindung als Hintergrundbindung und einem gewebten Muster (oft aus Silber- oder Goldfäden) oben, das durch eine Bindekette fixiert ist.
Lampas verdrängt seit dem 11. Jh. langsam den Samit und hat seine Blütezeit vom 14.-18. Jh. [2]
Funde:
- Tunika des Don Garcia, Sohn des Alfonso VII. von Kastilien ES, vor 1146 (Seide)[2]
- Fragment eines Kleidungsstückes von Don Alfonso von Kastilien ES, 2/2 13. Jh. (Seide) [2]
- Schecke Rudolf von Habsburg, vor 1307 (Seide) [2]
- Tunika des Cangrande I. della Scala ES, vor 1321 (Seide)[2]
- Schecke von Chartres F, 1350-1353 (Seide) [2]
- Fragment aus Kempten, Mühlberg-Ensemble, spMA (Seide) [1]
- Fragment aus Freiburg, Augustiner-Eremitenkloster, 1278-1589 (Seide) [1]
- Fragment aus Bamberg, Sepultur des Domkapitels, spMA (Seide) [1]

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Brokat

Brokat Brokatstoff ist ein schwerer, fester, atlasbindiger, gemusterter Stoff aus Seide, dem Gold- oder Silberfäden eingewoben worden sind (Gold- oder Silberbrokat).
Verwendung bei Kleidungsstücken:
Frauenkleid, Schecke, Surcot, Mantel

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Referenzen

[1] Antoinette Rast-Eicher, Mühlberg-Ensemble: Die Textilien. In: Rainer Atzbach/Ingolf Ericsson (Hg.), Die Ausgrabungen im Mühlberg-Ensemble Kempten (Allgäu) - Metall, Holz und Textil. = Bamberger Schriften zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, Bd 3, Mühlbergforschungen Kempten (Allgäu) Bd 3, Bonn 2012, S. 285-351.
[2] Katrin Kania, Kleidung im Mittelalter. Materialien - Konstruktion - Nähtechnik. Ein Handbuch. Köln/Weimar/Wien 2010.


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