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20.03.2014 – Die Frage des Tages: Wurden die Angreifer einer Burg im Mittelalter mit heißem Pech übergossen?

Grundsätzlich nein. Holzpech war ein wertvoller Rohstoff, außerdem ist es sehr aufwändig, flüssigen Teer auf einem engen Wehrgang kochend zu halten, dieser dickt mehr und mehr zu zähflüssigem Pech ein und lässt sich nicht mehr gießen. Freilich wurden Burgen durchaus mit heißen Flüssigkeiten verteidigt: Der Chronist Gallus Anonymus schildert, dass die Belagerer der Stadt Glogau 1109 mit heißem Wasser übergossen wurden. Die Stadt Neuss wehrte im Burgunderkrieg 1474/75 die Truppen Karls des Kühnen u.a. mit „calck wasser“, wohl Löschkalk, ab. Es gibt zwar keinen einzigen belastbaren archäologischen Befund zum Einsatz von Teer oder Pech aus den so genannten Pechnasen oder Gusserkern. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass im Augenblick höchster Not auch ein Eimer Teer genutzt wurde, wenn dieser zufällig zur Hand war. In Wirklichkeit handelt es sich wohl um eine Legende, die im Kern auf die spätmittelalterliche Strafe des Teerens und Federns zurückgeht. Der älteste Beleg ist eine Anordnung Königs Richard Löwenherz‘, Räuber während des Kreuzzuges dergestalt gezeichnet zu verstoßen.


Wierstraad, Christian, Dye hystorij des beleegs van Nuys, Köln 1476, Zeile 616-6.

– Paul W. Knoll/Frank Schaer (Hgg), Gallus, Anonymus, 1066-1145, Gesta principum polonorum. Central european medieval texts 3. Budapest 2003; book III, 238.

– Rainer Atzbach, The Legend of Hot Pitch as a Defence Weapon. In: Castles at War, Castles of the North 1, hg. von Foreningen Magt, Borg og Herskab, Bonn 2015, S. 119-134.